Haben Sie da etwa ein Loch in der Nase? Tattoos und Piercings am Arbeitsplatz
Können Sie sich einen Manager vorstellen, aus dessen Hemdkragen eine übergroße Würgeschlange hervorschaut, die sich lasziv um seinen Hals legt? Oder eine Vorgesetzte, der Sie nur noch mit Mühe in die Augen sehen können, weil das Metall in ihrem Gesicht die Sonne so stark reflektiert? Früher war Körperschmuck in nahezu allen Branchen ein absolutes Karrierehindernis. Tattoos haftete immer noch das Image des Gefängnisinsassen an, der sich mit einem selbstgebauten Motor und einem Zirkel die Zeit mit dem Stechen von Tattoos vertrieb und auch Piercings erfreuten sich keiner sehr viel besseren Anerkennung.
Und nun? Darf man im Jahr 2016 beim Vorstellungsgespräch offen seinen Körperschmuck zeigen?
Wenn Sie sich einmal in Ihrem Freundeskreis umschauen, wird vermutlich mindestens jeder Zweite irgendeine Art von Körperschmuck tragen. Und auch beim Sonntagsspaziergang oder beim Einkaufen werden Sie überall auf bunt bemalte Haut oder Metall in diversen Körperregionen stoßen. Tattoos und Piercings sind gesellschaftsfähig geworden. Und dennoch stellt sich die Frage: Haben all diese Menschen auch einen Job und wenn ja, wo?
Klar ist, dass sichtbarer Körperschmuck in vielen kreativen Branchen mittlerweile beinahe schon als Einstellungsvoraussetzung gilt. Was wäre ein Musiker ohne sein Tattoo? Auch Grafiker und Webdesigner, Zeichner und Fotografen werden vermutlich niemals eine Absage bekommen, weil sie tätowiert sind.
Aber wie sieht es mit den sogenannten sterilen Branchen aus? Dürfen Mediziner und Finanzberater, Kassierer und allgemein Menschen mit Kundenkontakt auch diese Ausdrucksfreiheit für sich in Anspruch nehmen? Und würden Sie sich gerne von einem Apotheker bedienen lassen, der sich einen Totenkopf in seinen rasierten Schädel eingraviert hat?
Tattoos in der Arbeitswelt: Die Zahlen….
In vielen Studien wurde untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen Tattoos und Schulbildung gibt. Ein solcher Zusammenhang konnte nicht nachgewiesen werden. Dennoch geben rund 60% der Arbeitgeber an, dass sie gepiercte oder tätowierte Mitarbeiter weniger wahrscheinlich einstellen würden, weil sie um das Image ihrer Firma besorgt sind.
Rechtlich bietet beispielsweise das deutsche Gesetz Menschen den Schutz der Persönlichkeitsrechte. Niemand darf offiziell gekündigt oder gar nicht erst eingestellt werden, weil er ein Tattoo trägt. In Großbritannien dagegen dürfen Arbeitgeber Mitarbeiter sogar kündigen, wenn sie sich während des Arbeitsverhältnisses ein Piercing stechen lassen.
….und die Praxis
Es ist heute immer noch verpönt, bis unter die Nase tätowiert zum Vorstellungsgespräch als Bürokauffrau, als Flugbegleiterin oder als Finanzberater zu erscheinen. Die Regeln der Branche werden eben oftmals noch höher gehalten als die menschliche Entscheidungsfreiheit. In vielen Branchen wird Körperschmuck außerdem noch immer als rebellischer Akt wahrgenommen. Und wer will schon jemanden einstellen, der gegen jede Entscheidung erst einmal ein Veto einlegt?
Ich bin tätowiert und habe sichtbare Tattoos. Werde ich nun für immer arbeitslos sein?
Die gute Nachricht: Irgendwann wird die gesellschaftliche Akzeptanz vom Körperschmuck mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch auf alle Branchen der Arbeitswelt herüberschwappen. Tendenzen dazu zeigen sich schon heute in großen Unternehmen, die bereits die Möglichkeit einer anonymen Bewerbung anbieten. Hier haben Bewerber, die sichtbaren Körperschmuck tragen, im Übrigen gute Chancen auf eine Einstellung, die nicht am Tattoo scheitert.
Wer also sichtbaren Körperschmuck trägt und daran nicht beim Vorstellungsgespräch scheitern möchte, muss Kompromisse eingehen. Gestalten Sie das Bewerbungsfoto so, dass das Piercing unsichtbar ist und sprechen Sie das Thema im Bewerbungsgespräch offen an.
Wer ein sichtbares Tattoo bereut, das ihm heute seinen Karriereweg verbaut, kann die moderne Lasertechnologie in Anspruch nehmen und sich das Bild entfernen lassen.
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